Anforderungen

Vorwort

Wie sich herausgestellt hat ist es schwierig die Planung in feste Phasen einzuteilen. Anfangs wollte ich eine Einteilung in Grob- und Feinentwurf vornehmen, angelehnt an die Vorangehensweise in der Softwareentwicklung. Jedoch ist der Übergang so flüssig dass eine feste Abgrenzung nicht praktisch ist. Meine Erfahrung zeigt, dass bauliche Details am Ende große Auswirkungen auf anfängliche Designentscheidungen haben können. Und weil die Tragweite jeder einzelnen Entscheidung nicht von Anfang an klar ist, bewegt man sich eher in einem ständigen Vor und Zurück. Also in Form von inkrementellen Verbesserungen des Status Quo (Um in der Sprache der Softwareentwicklung zu bleiben: Iterativ). Praktisch gesehen heißt dies, dass es immer wieder neue Bereiche, Entscheidungen oder Erkenntnisse gibt, die bereits Geplantes hinfällig macht und die Notwendigkeit zur teilweisen Neuplanung ergibt. Dadurch, dass ich den Blog allerdings erst angelegt habe, als ich mit dem Großteil der Planung fertig war, erspare ich euch das Hin und Her und irgendwelche Zwischenversionen, sondern präsentiere nur den aktuellen Stand. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo ich diesen nach Blogerstellung wieder ändern sollte.

Akustisches System

Die Begründung für das Vor und Zurück liegt in der Funktion des Gebäudes. Denn wir bauen kein Haus, sondern ein Tonstudio, welches ein in sich geschlossenes abgestimmtes akustisches System ist. Und dieses System besteht aus Subsystemen. Alle Baumaterialien, Luftmassen und die Art der Konstruktionen arbeiten basierend auf verschiedenen physikalischen Gesetzen zusammen. Änderungen an einer einzigen Stelle bedingt das ganze restliche System und verändert die gesamte Ausgangssituation für alle Subsysteme, sodass man nach jeder Änderungen überprüfen muss, ob die Gesamtplanung noch konsistent ist. Oft muss man auch einen Kompromiss zwischen Akustik, Kosten und Praktikabilität eingehen.

Ein akustisch idealer Raum ist eigentlich relativ einfach: Einfach riesengroß (idealerweise Freifeldbedingungen). Oder man würde einen total geschlossenen, unregelmäßigen, mehrfach schiefwinkligen Quader bauen – aber in der Realität sind wir halt doch Menschen und es kommen Themen hinzu wie Baubarkeit, Statik, Türen, Heizung, Frischluft, Elektrik, Licht oder Kosten, welche ganz essentiell und wichtig sind.

Anforderungen

Es gibt eine Reihe von Anforderungen aus verschiedenen Bereichen, welche beim Entwurf berücksichtigt werden müssen, welche nicht akustischer Natur sind:

Bauliche Rahmenbedingungen

  1. Das Gebäude soll in Holzständerbauweise gebaut werden
  2. Es soll ein Flachdach geben (für Photovoltaikanlage).

Räumliche Anforderungen

  1. Es soll ein kleines WC geben.
  2. Es soll einen Hausanschlussraum geben (Hausanschlüsse, Photovoltaik-Equipment, Server, Gebäudesteuerung).
  3. Es soll einen dedizierten Eingangsbereich mit einer kleinen Küchenzeile geben.

Akustische Anforderungen

Prinzipiell muss man unterscheiden in akustische Dämmung/Isolation und Raumakustik. Die Dämmung/Isolation sind die reinen Schallisolationseigenschaften eines Systems, also wie gut Schall hinein- und hinausgelangt. Hierbei sei gesagt, dass es dabei keine Richtung gibt. Soll ein System Geräusche von außen nach innen verhindern, so wird es auch gleichzeitig genauso gut von innen nach außen dämmen. Beide Richtungen zu betrachten macht jedoch im Sinne der Anforderungsdefinition trotzdem Sinn, siehe weiter unten. Raumakustik bezieht sich im Gegensatz zur Dämmung auf den Klang innerhalb des Raum, also das Antwortverhalten des Raums bei akustischer Anregung.

Während die akustische Dämmung sehr technisch ist und daher präzise gemessen und geplant werden kann, ist die Raumakustik oft nur schwer vorauszusagen bzw weniger exakt berechenbar. Außerdem ist sie auch ein Stück weit aus persönlicher Sicht zu beurteilen und lässt sich schwer als „gut“ definieren, da es – wenn man so möchte – tatsächlich vom eigenen Geschmack abhängt. Für Regieräume gibt es verschiedenste Baukonzepte wie LEDE oder RFZ. Die meisten Spezifikationen beziehen sich auf die Nachhallzeit, welche für Abhörräume meist unter 0,3ms liegen soll, damit der Raumnachhall nicht das direkte Abhörsignal überlagert und verfälscht. Aufnahmeräume sollen natürlicher klingen und somit darf dieser Wert hier höher liegen. Für verschiedene Anwendungen (z.B. abhängig vom Musikstil) gibt es oft verschiedene gute Raumakustiken. Man sagt, dass ein guter Aufnahmeraum „Charakter haben muss“. Wenn man, so wie wir, nur einen einzigen Aufnahmeraum konzipiert, wäre ein „guter Raum“ demnach ein möglichst variabler Raum, der sich z.B. im Bezug auf seine Nachhallzeit oder Charakter anpassen lässt. Dies kann man erreichen, indem man z.B. Akustikmodule an Wänden austauschbar gestaltet.

Schalldämmung/-isolation

  1. Innen nach außen (Belästigung/Schallschutzrichtlinien)
    Nach Bebauungsplan 65db(A) tags und 50db(A) nachts (bzw. 59db(A) tagsüber und 48db(A) nachts, Quellen widersprechen sich leider etwas).
  2. Außen nach innen (Sauberes Recording/Abhören)
    In unserem Fall insb. wegen Verkehrs- und Baulärm relevant.
  3. Zwischen Innenräumen (Sauberes Abhören, kein Übersprechen aus anderen Räumen)

 Raumakustik

  1. Regie: Ausgewogen, Nachhallzeit <0,3s, symmetrisch
  2. Aufnahmeraum: Charakteristischer Eigenklang, keine ausufernden Raummoden
  3. Sonstige Räume: Vernachlässigbar

Außerdem gelten noch eine Reihe von gesetzlichen Anforderungen wie Wärme- und Schallschutz sowie baustatische Anforderungen, welche wir an unsere Architektin und Statiker abgetreten haben. Diese sind zwar zu beachten, sollen hier aber keine weitere Rolle spielen.

Statische Anforderungen

Nachdem unser erster Statiker den Auftrag abgelehnt hatte, nach eigener Aussage, weil das Projekt zu komplex sei, haben wir uns einen neuen gesucht. Während der erste noch meinte wir müssten wegen des Flachdachs eine Mittelsäule errichten und für diese wohl das komplette Fundament verstärken lassen, schien der zweite weniger besorgt. Eine Erweiterung der Fundamentplatte sei nur in Form eines Punktfundaments unterhalb der Säule notwendig, nicht aber über die ganze Platte. Durch das Weglassen der Innenbeplankung würde die Wand jedoch nicht vollständig versteifen, sodass wir eine weitere Maßnahme zur Herstellung der Stabilität brauchten. Dies würde in unserem Fall durch Querbalken im Wandaufbau realisierbar sein (man denke an den typischen Wandaufbau eines Fachwerkhauses).

Außerdem wurde uns noch eine Holzfaserbauplatte empfohlen, welche sowohl dämmende als aus versteifende Eigenschaften hat. Somit könnte man die Wände in Form von Modulen vorfertigen, transportieren und vor Ort montieren, falls man möchte. Außerdem fällt damit auch die zuvor noch unserer Architektin vorgeschlagene Styroporschicht weg. Details zu Materialien folgen in einem späteren Post.

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